Inflation befeuert Schulden

Nachfrage bei Schuldnerberatung des Diakonischen Werks um 30 Prozent zugenommen

Von Alexander Anlicker

Die Inflation mit steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen trifft besonders die Menschen, die ohnehin nicht viel haben. Das spüren auch die Beratungsdienste, wie Karin Racke, Geschäftsführerin des Diakonischen Werks im Landkreis Lörrach, sowie der Sozialarbeiter und Schuldnerberater Roland Meier im Gespräch mit unserer Zeitung berichten.

Die Nachfrage zieht nicht nur bei der Schuldnerberatung sondern auch bei den allgemeinen sozialen Diensten sowie beim Sozialpsychiatrischen Dienst an. Allein seit den Sommerferien um gut 30 Prozent, berichtet Racke. „Wir haben manchmal Tage, da klingelt das Telefon durch“, sagt die Geschäftsführerin.

Gerade beim Sozialpsychiatrischen Dienst, der ohnehin immer gut zu tun hat, melden sich immer mehr Menschen mit Zukunftsängsten. Verantwortlich dafür sind neben dem Thema Inflation auch der Krieg in der Ukraine und die Corona-Pandemie.

„Die Beratungsdienste sind so oder so schon am Limit“, weiß Racke und freut sich über den Scheck über 5000 Euro, der während der Benefizgala „Binzener Runde“ der Aktion „Leser helfen Not leidenden Menschen“ von Vertretern der Sparkasse Markgräflerland und der Sparkasse Lörrach-Rheinfelden überreicht wurde. „Wir wollen das Personal aufstocken und das Beratungsangebot ausbauen“, ergänzt sie. Letzteres ist dringend nötig. Durch die wachsende Nachfrage seien die Wartezeiten auf Termine auch deutlich länger als vor einem halben Jahr, ergänzt Meier. Gerade zur Schuldnerberatung kämen die Leute ohnehin sehr spät, nach der zweiten Mahnung oder erst, nachdem der Strom bereits abgestellt wurde.

Mittlerweile kämen auch vermehrt Erwerbstätige, die immer mehr in Richtung Existenzminimum rutschen, zur Beratung, berichtet Meier. Grund sind Inflation, hohe Energiepreise und hohe Mieten. „Bei vielen unserer Kunden macht die Miete 40 bis 50 Prozent der Ausgaben aus.

Als Beispiel nennt er ein Rentnerpärchen, das zusammen ein Einkommen von rund 1400 Euro hat und damit über dem ALG-II-Regelsatz liegt. Die Mietwohnung des Paares ist in einem Haus aus den 1960er Jahren ohne Isolierung und mit Stromheizung. Allein die Abschlagszahlungen für den Strom sind von 200 auf 334 Euro gestiegen. Auch durch die Krebserkrankung der Frau hat das Paar jetzt Schwierigkeiten, die Abschläge zu bezahlen. Bisher ist das Paar mit der Rente gut über die Runden gekommen und erst jetzt mit steigenden Energiepreisen in Schwierigkeiten geraten. Um zu sparen, hat das Paar die Altbauwohnung nicht geheizt und jetzt mit einem Schimmelproblem zu kämpfen. Eine der Ursachen der Probleme ist nach Meinung des Sozialarbeiters auch der seit Jahren angespannte Wohnungsmarkt und der Mangel an bezahlbarem Wohnraum.

Zur Arbeit des Schuldnerberaters gehört es auch, die Einnahmen und Ausgaben der Kunden gegenüberzustellen und mit diesen nach Einsparmöglichkeiten zu suchen. Dies werde jedoch immer schwieriger. „Wir haben immer öfter Haushalte, bei denen es nichts mehr einzusparen gibt“, sagt Meier.

Wenn jemand eine vierstellige Nachforderung für die Heizkosten bekommt, dann kann es sein, dass auch Personen, die bisher keine Leistungen des Jobcenters beziehen, dann für einen Monat in die Bedürftigkeit rutschen und Anspruch auf Arbeitslosengeld haben.

Er rechnet mit weiteren Anfragen ab dem Jahreswechsel, wenn Nachforderungen auf dem Tisch liegen. Aus Gesprächen mit Wohnungsbauunternehmen wisse er, dass auf fast alle Mieter Nachzahlungen zukommen werden.

Das Diakonische Werk im Landkreis Lörrach unterstützt Menschen, die wegen der explodierenden Energiepreise in wirtschaftliche Schwierigkeiten gekommen sind. Das Diakonische Werk Baden hat einen Energienothilfefond eingerichtet, der mit rund zwei Millionen Euro gefüllt ist. Dabei handelt es sich um die Kirchensteuer, die auf die staatliche Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro anfällt.

Anspruchsberechtigte können sich an die Beratungsstelle der Diakonie in Lörrach, Schopfheim, Weil am Rhein und Rheinfelden wenden.

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